GOTT

Die Bibel enthält keinen Traktat über Gott, sie kennt kein Abstandnehmen über kein Zurücktreten, wie dies notwendig ist, um ein Objekt zu beschreiben, sie fordert uns nicht dazu auf, über Gott zu reden, sondern seinem Worte zu lauschen und ihm durch den Lobpreis seiner Herrlichkeit und durch treues Dienen zu antworten. Unter der Voraussetzung, daß man im Gehorsam und in der Danksagung verharrt, ist man imstande, zu formulieren, was Gott in der Bibel über sich selbst sagt. Die Art und Weise, wie Gott von sich selbst spricht, ist im Alten und Neuen Testament, da er sich durch seine Propheten und durch seinen Sohn an uns wendet (Hebr 1,1f), nicht dieselbe. Mehr als in jedem anderen Punkte drängt sich hier der Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Testament gewaltsam auf, denn ,,niemand hat Gott je gesehen; nur der eingeborene Sohn, der am Herzen des Vaters ruht, hat uns Kunde gebracht" (Jo 1,18). So sehr die häretische Gegenüberstellung zwischen dem rächenden Gott des Alten Testaments und dem gütigen Gott des Neuen Testaments abgelehnt werden muß, so eindeutig ist daran fest zuhalten, daß Jesus allein uns das Geheimnis des einen Gottes der beiden Testamente erschlossen hat.

AT

I. Gott als der Urerste

Gott ist ,,von Anfang an" (Gn 1,1; Jo 1,1) da, und sein Dasein ist eine Urtatsache, die keines Beweises bedarf. Gott kennt weder Ursprung noch Werden. Dem Alten Testament sind jene Theogonien, die in den altorientalischen Religionen die Entstehung der Welt durch das Werden der Götter erklären, vollkommen fremd. Weil er allein der ,,Erste und der Letzte" ist (Is 41,4; 44,6; 48,12), ist die Welt ganz sein Werk, seine Schöpfung Weil Gott der Erste ist, braucht er sich nicht erst zu zeigen, er drängt sich dem menschlichen Geist einfach auf Grund dessen auf, weil er Gott ist. Nirgends eine Spur von einem Entdecken Gottes, von einem fortschreitenden Bemühen des Menschen, das in ein ,,Setzen" seiner Existenz ausmündete. Ihn erkennen heißt erkannt sein (vgl. Am 3,2), ihn entdecken heißt an der Quelle seiner eigenen Existenz stehen. Und wer vor ihm flieht, fühlt sich noch von seinem Blick verfolgt (Gn 3,10; Ps 139,7).

Weil Gott der Erste ist, werden von dem Augenblick an, da er sich zu erkennen gibt, seine Person, seine Reaktionen, seine Ratsehlüsse eindeutig sichtbar. So gering das Wissen über ihn auch noch sein mag, das eine weiß man vom Augenblick seiner Entdeckung an, daß Gott etwas Bestimmtes will und daß er genau weiß, worauf er abzielt und was er tut.

Diese absolute Vorgängigkeit Gottes kommt in den UEberlieferungen des Pentateuchs in zwei einander ergänzenden Weisen zum Ausdruck. Die sogenannte jahvistische Tradition läßt Jahve schon am Anfang der Welt in Erscheinung treten und zeigt ihn schon lange vor der Episode mit dem brennenden Dornbusch im Begriff, seinen einzigen Ratschluß durchzuführen. Die elohistischen UEberlieferungen dagegen unterstreichen das Neue, das die Offenbarung des göttlichen Namens an Moses bringt, heben aber gleichzeitig hervor, daß Gott sich schon unter verschiedenen Bezeichnungen, die fast aus nahmslos Epitheta des Gottesnamens El sind, zu erkennen gegeben hat. Denn Moses konnte ja Jahve gar nicht als den wahren Gott erkennen, wenn er nicht schon eine zwar dunkle, aber doch unzweifelhafte Kenntnis von Gott besessen hätte. Diese Identität zwischen dem Gott der Vernunft und dem Gott der Offenbarung diese Vorgängigkeit Gottes, die dem Geiste des Menschen schon bei seinem Erwachen gegenwärtig wird, ist in der gesamten Bibel gekennzeichnet durch die unmittelbare und beständige Gleichsetzung zwischen Jahve und Elohim, zwischen dem Gott, der sich Israel offenbart, und dem Gott, den die Heidenvölker zu erkennen vermögen.

Deshalb nennt und bestimmt sich Jahve, wo immer er sich ausdrücklich offenbart, stets mit dem Namen El bzw. Elohim, und dies mit allem, was dieser Name in Erinnerung ruft: ,,Der Gott deines Vaters" (Ex 3,6), ,,der Gott eurer Väter" (Ex 3,15), ,,euer Gott" (Ex 6,7), der ,,Gott der Liebe und des Erbarmens" (Ex 34,6), ,,dein Gott" (Is 41,10; 43,3), oder einfachhin ,,Gott" (1 Kg 18,21. 36f). Zwischen dem Namen Gott und dem Namen Jahve besteht ein lebendiger Zusammenhang, eine innere Dialektik: Um sich als Jahve offenbaren zu können, bestimmt sich der Gott Israels als Gott; wenn er sich aber als Jahve offenbart, sagt er auf eine absolut neue Art und Weise, wer Gott ist und was er ist.

II. EI, Elohin, Jahve

El ist wohl das archaische und poetische AEquivalent für Elohim. Gleich Elohim und gleich unserem Worte Gott ist El gleichzeitig Gattungsname, der die Gottheit im allgemeinen bezeichnet, und Eigenname, der jenes einzigartige und genau umschriebene Selbst bezeichnet, das Gott ist. Elohim ist ein Plural; kein pluralis majestatis, den das Hebräische gar nicht kennt, ebensowenig ein polytheistisches UEberbleibsel, das bei der israelitischen Mentalität in einem so bedeutsamen Punkte unwahr scheinlich ist. Wahrscheinlich liegt ihm eine allgemein semitische Vorstellung zugrunde, die das Göttliche als eine Vielheit von Kräften auffaßte.

1. El. El ist auch außerhalb Israels bekannt und Gegenstand der Anbetung. Als Gattungsname bezeichnet El die Gottheit in fast der gesamten semitischen Welt. Als Eigenname ist er der eines großen Gottes, der im westlichen Teil dieser Welt, besonders in Phönizien und Kanaan, der höchste Gott gewesen zu sein scheint. War El bei den Ursemiten ein gemeinsamer, höchster und einziger Gott, dessen reine, aber nicht über die nötige Widerstandskraft verfügende Religion später von einem verführerischen und verderbten Polytheismus verdrängt wurde? Oder war er der oberste Gott und Führer der verschiedenen semitischen Clans, für jeden Clan zwar der einzige Gott, aber außerstande, seine Einzigkeit zur Geltung zu bringen, wo er mit anderen Gruppen zusammenstieß, der im Laufe der Zeit zu einer der verschiedenen Gestalten des heidnischen Pantheon absank? Diese Geschichte liegt im dunklen, fest steht jedoch die Tatsache, daß die Patriarchen ihren Gott in Verbindung mit verschiedenen Epitheta, ,el ,eljon (Gn 14,22), ,el roi (16,13), ,el schaddaj (17,1; 35,11; 48,3), el bet'el (35,7), el olam (21,33), als El bezeichnet haben und daß vor allem im Falle des el eljon, des Gottes Melchisedechs, des Königs von Salem, dieser El als mit dem Gotte Abrahams identisch dargestellt wird (14,20ff). Diese Tatsachen beweisen nicht nur, daß der Gott Israels ,,der Richter der gesamten Erde" ist (18,25), sondern daß er selbst außerhalb des auserwählten Volkes als der wahre Gott anerkannt und in aller Form angebetet werden konnte.

Indessen bildet diese Anerkennung eine Ausnahme. In den meisten Fällen werden die Götter der Heidenvölker als Nicht-Götter bezeichnet (Jr 2,11; 2 Kg 19,18). El bzw. Elohim wird praktisch nur dann als der wahre Gott anerkannt, wenn er sich seinem Volke unter dem Namen Jahve offenbart. Die einzigartige Persönlichkeit Jahves verleiht dem stets mehr oder weniger bleichen und durch die verschiedenen heidnischen Einflüsse immer wieder entstellten göttlichen Antlitz einen Gehalt und ein Leben, dem man nicht zu widerstehen vermag.

2. Jahve. In Jahve offenbart Gott das, was er ist, und das, was er tut, seinen Namen und sein Wirken. Sein Wirken ist wunderbar, unerhört, und sein Name geheimnisvoll. Während die Kundgebungen Els an die Patriarchen in einem vertrauten Lande, unter einfachen und naheliegenden Formen erfolgen, offenbart sich Jahve dem Moses im wilden Rahmen der Wüste in der Drangsal des Exils und unter der furchteinflössenden Gestalt des Feuers (Ex 3,1-15). Die in Ex 33,18-23; 34,1-7 beschriebene ergänzende Offenbarung ist nicht minder schreckhaft. Doch ist dieser Gott der verzehrenden Heiligkeit ein Gott der Treue und des Heiles. Er gedenkt Abrahams und seiner Nachkommenschaft (3,6), weiß um die Not der Hebräer in AEgypten (3,7), ist entschlossen, sie zu befreien (3,8) und ihnen Heil widerfahren zu lassen. Der Name Jahve, unter dem er sich offenbart, entspricht dem Werk, das er vollbringen will. Gewiß birgt dieser Name ein Geheimnis in sich. Er bringt an sich etwas Unzugängliches zum Ausdruck: ,,Ich bin, der ich bin" (3,14): Niemand kann ihn zwingen, niemand vermag ihn auch nur zu durchdringen. Doch bringt er auch etwas Positives zum Ausdruck, eine außerordentlich tätige und wissende Gegenwart eine unverwundbare und befreiende Macht eine unverbrüchliche Verheißung:

,,Ich bin." Das Zeitwort sein, auf das der Name Jahve sicherlich anspielt, bringt vielleicht unmittelbar nicht so sehr den metaphysischen Begriff der absoluten Existenz zum Ausdruck, doch bezeichnet er auf jeden Fall eine stets gegenwärtige und wirksame Existenz, mehr ein adesse denn ein esse. Doch umfaßt diese Gegenwart das All von seinem ersten bis zu seinem letzten Tag und schließt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu einer Einheit zusammen: ,,Er, der die Geschlechter rief von Anfang an. Ich, Jahve, bin der Erste und der gleiche bei den Letzten" (Is 41,4). Deshalb sind die UEbersetzung der LXX - vorausgesetzt, daß der Akzent der heilbringenden und persönlichen Gegenwart nicht übersehen wird - ,,Derjenige, der ist" und die von den jüdischen UEbersetzungen übernommene französische Wiedergabe ,,Der Ewige" sehr bezeichnende AEquivalente.

Die Namen El bzw. Elohim zeigen jenes Band auf, das die Naturreligionen mit dem wahren Gott zu einen vermag; der Name Jahve dagegen wird nur Israel allein geoffenbart und hat nur für jenes Volk einen Sinn, das seine Führung erlebt hat. Sosehr man also berechtigt ist, zu erforschen, welches die Religion der Patriarchen und die Physiognomie jenes Gottes gewesen sei, den sie angebetet haben, ist doch die Frage ohne Belang, ob der Gott Jahve schon vor Moses bekannt gewesen sei. Selbst wenn sein Name in anderen Religionen bezeugt wäre, so könnte es sich nur um eine materielle Kontinuität handeln: Jahve offenbart sich nur durch seine einzigartige und übernatürliche Initiative, durch jenes Eingreifen, durch das er Israel losgekauft und sich sein Volk geschaffen hat.

III. Gott spricht von sich

Jahve ist die von den Menschen in der dritten Person nachgesprochene Wiedergabe der von Gott in der ersten Person ausgesprochenen Offenbarung ,ehje = ,,Ich bin". Diesen Namen, der alles besagt, erläutert Gott selbst beständig durch die verschiedenen Formeln, in denen er von sich selbst spricht.

1. Der lebendige Gott. Die Formel: ,,Ich bin der Lebendige" im Munde Gottes ist vielleicht eine aus der Spätzeit stammende Schöpfung Ezechiels. Auf jeden Fall aber stellt sie den Widerhall einer ebenso alten wie volkstümlichen Glaubensformel Israels dar: ,,Jahve lebt" (Ri 8,19; 1 Kg 17,1). Sie ist eine vorzügliche Wiedergabe des Eindrucks, den der Mensch angesichts Jahves gewinnt, nämlich den einer außerordentlich tätigen Gegenwart, einer unmittelbaren und völligen Spontaneität, ,,die nicht ermüdet und nicht ermattet" (Is 40,28), die ,,nicht schläft und nicht schlummert" (Ps 121,4). Die Art und Weise, wie er am Horeb spricht, in jenem Augenblick, da er seinen Namen offenbart, bringt diese Lebensintensität diese volle Bewußtheit seines Wirkens voll zum Ausdruck: ,,Ich habe gesehen.., ich habe vernommen... ich weiß... ich bin entschlossen... ich sende dich" (Ex 3,7-10). Dem ,,Ich bin", auf das diese AEußerungen vorbereiten, kann nicht weniger Dynamik eignen als diesen.

2. Der heilige Gott. ,,Ich schwöre es bei meiner Heiligkeit" (Am 4,2). ,,Ich bin der Heilige" (Os 11,9). Diese unwiderstehliche und dennoch innerliche Vitalität, diese Glut, die gleichzeitig verzehrt und Leben spendet, ist die Heiligkeit Gott ist heilig (Is 6,3), sein Name ist heilig (Am 2,7; Lv 20,3; Is 57,15...), und die Ausstrahlung seiner Heiligkeit heiligt sein Volk (Ex 19,6). Seine Heiligkeit reißt vor Gott einen Abgrund auf, den keine Kreatur zu überbrücken vermag; niemand kann sein Nahen ertragen, das Firmament gerät ins Wanken, die Berge schmelzen dahin (Ri 5,4f; Ex 19,16)... und alles Fleisch erzittert, nicht nur der sündige Mensch, der sich verloren sieht, sondern selbst die glühenden Seraphim, die nicht würdig sind, vor Gott zu erscheinen (Is 6,2).

3.,,Ich bin ein eifersüchtiger Gott!" (Ex 20,5) Die Eifersucht Gottes bildet einen weiteren Gesichtspunkt seiner inneren Intensität. Sie ist jene Leidenschaft, mit der er an alles herantritt, was er tut und was er berührt. Er kann nicht dulden, daß eine fremde Hand entweihe, was ihm von Wert ist, was sein Interesse ,,beugt" und weiht. Er kann nicht dulden, daß auch nur eine seiner Unternehmungen mißlinge (vgl. Ex 32,12; Ez 36,22...), er kann ,,seine Ehre keinem anderen überlassen" (Is 48,11).

4. ,,Du sollst keine anderen Götter neben mir haben!" (Ex 20,3.) Das wesentliche Objekt der Eifersucht Gottes bilden ,,die anderen Götter". Der israelitische Monotheismus ist weder die Frucht einer metaphysischen Reflexion noch einer politischen Integration, noch einer religiösen Evolution, er ist eine Aussage des Glaubens und ist in Israel ebenso alt wie der Glaube, das aber heißt, wie die UEberzeugung von seiner Auserwählung die UEberzeugung, unter allen Völkern von einem Gott auserwählt zu sein, dem sämtliche Völker zu eigen sind. Dieser Monotheismus des Glaubens mag lange Zeit hindurch mit Vorstellungen verhaftet gewesen sein, die die Existenz ,,anderer Götter" - beispielsweise des Kamosch in Moab - bejahten (Ri 11,23) oder die Anbetung Jahves außerhalb der Grenzen seines Erbes ausschlossen (1 Sm 26,19). Doch kann Jalive von allem Anfang an kein Vorhandensein von Konkurrenten dulden, und die gesamte Geschichte Israels ist eine einzige Kette von Siegen über seine Rivalen, angefangen von den Göttern AEgyptens, den Baalen Kanaans, den Reichsgöttern von Assur und Babylon, bis zum endgültigen Triumph, der die Nichtigkeit der falschen Götter ans Tageslicht bringen wird. Ein Triumph, der zuweilen durch Wunder erreicht wird, stets aber ein solcher des Glaubens ist. Jeremias, der den vollständigen Untergang Judas und Jerusalems ankündigt, bemerkt im Ton einer bloßen Feststellung, daß die Götter der Heidenvölker ,,gar keine Götter sind" (Jr 2,11), sondern ,,Nicht-Götter" (5,7). Mitten im Exil, angesichts der überwältigenden Pracht des Götzen Dienstes, entringen sich dem Innersten eines besiegten und in den Staub getretenen Volkes letztgültige Aussagen: ,,Vor mir wurde kein Gott gebildet, und nach mir wird keiner je sein. Ich, ja, ich bin Jahve, es gibt keinen Retter außer mir" (Is 43,10f). Die Erinnerung an den Horeb erscheint evident, und die geistige Kontinuität zwischen Texten von solcher Verschiedenheit ist bedeutsam: Jahve ist der einzige Gott, weil er der einzige ist, der zu retten vermag, ,,der Erste und der Letzte", stets gegenwärtig, stets alles überblickend. Wenn der Götzendienst zum ,,tödlichen Schlag" gegen ihn ausholt, so dort, wo er seine Fähigkeit und seinen Willen zum ,, Heile in Frage stellt, dort, wo er leugnet, daß er stets gegenwärtig und am Werke, daß er Jahve ist.

5. ,,Ich bin Gott und nicht Mensch" (Os 11,9). Gott ist vom Menschen absolut verschieden. Er ist Geist der Mensch aber ist Fleisch (vgl. Is 31,3), hinfällig und vergänglich wie Gras (Is 40,7f). Dieser Unterschied ist derart wurzelhaft, daß der Mensch ihn stets falsch einschätzt. Er sieht in der Macht Gottes die wirksame Kraft nicht aber die Treue des Herzens (vgl. Nm 23,19), in seiner Heiligkeit sieht er nichts als den unüberbrückbaren Abstand, ohne zu ahnen, daß sie zugleich auch Nähe und zärtliche Liebe bedeutet:

,,In deiner Mitte bin ich der Heilige und habe keine Freude daran, zu vernichten" (Os 11,9). Die unerfaßliche Transzendenz Gottes bewirkt, daß er der in erhabener und heiliger Höhe wesende ( Bleiben ,,Allerhöchste" ist, zugleich aber auch der beim zerknirschten und gedemütigten Menschen Verweilende (Is 57,15). Er ist der Allmächtige und der Gott der Armen, er läßt seine Stimme im Tosen des Sturmes (Ex 19,18 ff) ebenso widerhallen wie im leichten Säuseln des Windes (1 Kg 19,12). Er ist unsichtbar, und nicht einmal Moses durfte sein Antlitz schauen (Ex 33,23), vertraut aber, um sich zu offenbaren, die Geheimnisse seines eigenen Herzens an, um das Herz des Menschen zu rühren. Er verbietet jede Darstellung, jedes Bild aus dem sich der Mensch ein Idol machen könnte, um das Werk seiner Hände anzubeten, bietet sich aber unserer Vorstellungsgabe unter den konkretesten Zügen dar. Er ist der ,,ganz Andere", der sich jedem Vergleich entzieht (Is 40,25), und doch ist er überall zu Hause und für uns alles eher als fremd. Seine Reaktionen und sein Verhalten werden uns in den vertrautesten Handlungsweisen beschrieben: Er ,,formt" mir seinen Händen den Ton, aus dem der Mensch werden soll (Gn 2,7), er verriegelt hinter Noe das Tor der Arche (Gn 7,16), um sicher zu sein, daß keiner ihrer Insassen verlorengehe.Er hat den sieghaften Schwung eines Kriegsherm (Ex 15,3 .. .) und die liebende Sorge eines Hirten für seine Schafe (Ez 34,16). Er hält das All in seiner Hand und hat für das unscheinbare Israel die Liebe des Winzers zu seinem Weinberg (Is 5,1-7), die Zärtlichkeit eines Vaters (Os 11,1) und einer Mutter (Is 49,15) und die Leidenschaft eines liebenden Mannes (Os 2,16f). Die Anthropomorphismen mögen naiv sein, stets aber bringen sie in tiefsinniger Weise einen Wesenszug des wahren Gottes zum Ausdruck: Wenn er den Menschen nach seinem wahren Bilde geschaffen hat, ist er auch in der Lage, sich mit Hilfe menschlicher Reaktionen zu offenbaren. Wenn er, ohne Stammbaum, ohne Gattin, ohne Geschlecht, sich von uns unterscheidet, so heißt das doch nicht, daß er weniger Mensch ist als wir, im Gegenteil, er ist jenes Ideal, das wir uns vom Menschen erträumen, in seiner höchsten Vollkommenheit: ,,Gott ist nicht ein Mensch, dass er löge, noch eines Menschen Sohn, daß er sein Wort zurücknähme" (Nm 23,19). Gott greift immer über uns hinaus, und zwar immer in der Richtung, wo wir dies am wenigsten erwarten würden.

IV. Die Namen, die Gott vom Menschen gegeben werden

Der Gott des Alten Testaments wird schließlich auch aus dem Verhalten derer deutlich, die ihn kennen, sowie aus den Namen, die sie ihm geben. Zunächst glaubte man einen Unterschied machen zu können zwischen den offiziellen Titeln, die im Gemeindekult verwendet wurden, und den von der persönlichen Frömmigkeit geschaffenen Epitheta. Tatsächlich aber begegnen uns im kollektiven wie im individuellen Gebet dieselben Epitheta mit denselben Untertönen. Gott ist ebensowohl der ,, Felsen Israels" (Gn 49,24; 2 Sm 23,3 . ..) wie ,,mein Felsen" (Ps 18,3f; 144,1) oder einfach ,,Fels" (Ps 18,32), ,,mein Schild" (Ps 18,3; 144,2) und ,,unser Schild" (Ps 84,10; 89,19), ,,der Hirt seines Volkes" (Mich 7,14) und ,,mein Hirte" (Ps 23,1). Ein Beweis, daß die Begegnung mit Gott persönlich und lebendig gewesen ist.

Diese Epitheta sind erstaunlich einfach, den vertrauten Wirklichkeiten, dem täglichen Leben entnommen. Der Bibel sind jene endlosen Litaneien unbekannt, in denen man in AEgypten und Babylonien die heidnischen Götter mit Titeln überhäuft hat. Der Gott Israels ist unendlich groß, aber stets zugegen und erreichbar. Er ist der Allerhöchste (eljon), der Ewige (olam), der Heilige, zugleich aber auch der ,,Gott, der mich sieht" (el roi, Gn 16,13). Fast alle seine Namen bestimmen ihn auf Grund seiner Beziehung zu den Seinen: ,,Der Schrecken Isaaks" (Gn 31,42. 53), ,,Die Stärke Jakobs" (49,24), ,,Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs" (Ex 3,6), der Gott Israels, unser Gott, mein Gott, mein Herr. Selbst das Epitheton ,,der Heilige", das ihn eindeutig von allem, was Fleisch ist, abhebt, wird auf seinen Lippen zum ,,Heihgen Israels" (Is 1,4. . .) und macht aus dieser Heiligkeit etwas zum Volke Gottes Gehöriges. Aus diesem gegenseitigen Zueigen-Sein leuchtet das Geheimnis des Bundes auf, aber auch ein Hinweis auf jene Beziehung, in der der Gott unseres Herrn Jesus Christus zu seinem eingeborenen Sohn steht.

NT

I. In Jesus Christus haben wir Zutritt zu Gott

In Jesus hat sich Gott endgültig und vollständig geoffenbart: Nachdem er uns seinen eigenen Sohn geschenkt hat, hat er nichts mehr, was er sich vorbehalten könnte, und kann nur weiterschenken (vgl. Röm 8,32). Die grundlegende Gewißheit der Kirche, die Entdeckung, die das gesamte Neue Testament in helles Licht taucht, ist die Erkenntnis, daß Gott mit dem Leben, dem Tode und der Auferstehung Jesu sein größtes Werk vollbracht hat und daß fortan jeder Mensch zu ihm Zutritt erlangen kann. Dieses einzigartige und endgültige Werk kann je nach der Perspektive verschieden benannt werden. Die ältesten Formulierungen stellen einfach fest: ,,Diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt ... hat Gott zum Herrn und zum Christus gemacht... denn euch gilt die Verheißung sowie euren Kindern und allen denen, die in der Ferne sind" (Apg 2,36-39). ,,Durch ihn (haben wir) Buße und Nachlaß der Sünden" (Apg 5,31). So bescheiden diese Ausdrucksweisen zu sein scheinen, so sind sie doch, wenn auch weniger ausdrücklich, ebenso weittragend wie die sinnreichsten Aussagen des hl. Paulus über das ,, Geheimnis Gottes, das da ist Christus" (Kol 1,1; 2,2), ,,in dem wir Zutritt zum Vater haben" (Eph 2,18; 3,12), oder jene des hl. Johannes: ,,Keiner hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn der an der Brust des Vaters ruht, hat uns Kunde von ihm gebracht" (Jo 1,18). Der christliche Glaube weiß vom ersten Tage an, daß sich der Himmel, die Wohnstätte Gottes, über dem Menschensohn geöffnet hat (Apg 7,56; Jo 1,51; vgl. Mk 1,10). Hinter verschiedenen Formulierungen und mancherlei Namen, wie ,,Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes" (Röm 3,21), ,, Versöhnung (Röm 5,11; Eph 2,16), ,,Das Sichspiegeln der Herrlichkeit Gottes auf unserem Antlitz" (2 Kor 3,18), ,,Erkenntnis Gottes" (Jo 17,3), steht im Grunde ein und dieselbe christliche Erfahrung: Gott ist für uns erreichbar; mit Hilfe eines unerhörten Erweises an Macht und Liebe erschließt er sich in der Person Christi jedem, der ihn aufnehmen will.

Deshalb ist ,,Jesus Christus im Glauben anhangen" und ,,den wahren Gott erkennen ein und dasselbe: ,,Das aber ist das ewige Leben, daß sie dich, den allein wah ren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus" (Jo 17,3). Angesichts dessen, was sich in Jesus Christus ereignet hat, entdeckt der Mensch, der zum Glauben gelangt - gleichgültig, ob er vom Judentum oder vom Heidentum herkommt, ob er sich von der Vernunft oder von der Tradition Israels leiten läßt -, das wahre Antlitz und die lebendige Gegenwart Gottes.

II. In Jesus Christus besitzen wir die Offenbarung des wahren Gottes

1. Der Götzendiener. Von Paulus dem Evangelium gegenübergestellt (Röm 1,16f), entdeckt der Götzendiener in Christus das wahre Antlitz Gottes und das seiner eigenen Sünde. Das Evangelium Christi entlarvt die Verkehrtheit der heidnischen Weisheit, die ,,die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit dem Nachbild eines vergänglichen Wesens vertauscht" (Röm 1,23), zugleich aber auch die Quelle dieser Verkehrtheit, die Tatsache, ,,daß der Kreatur vor dem Schöpfer der Vorzug eingeräumt wurde" (1,25), ,,die Weigerung, ihm die Ehre zu erweisen" (1,21), und deren schicksalhafte Folge: die Erniedrigung des Menschen und den Tod (1,32). Wenn sich der Heide ,,von den Götzen abwendet" . .. . um Jesus Christus zu erwarten, entdeckt er ,,den lebendigen und wahren Gott" (1 Thess 1,9); auf dem Antlitz Christi findet er jene Herrlichkeit Gottes wieder (2 Kor 4,6), von der er ausgeschlossen gewesen war (Röm 3,23).

2. Für den Heiden, der tastend nach Gott sucht (Apg 17,27) und den die Weisheit fähig erhält, Gott zu erkennen (1 Kor 1, 21; Röm 1,20), ist die Entdeckung, die er in Christus macht, nicht weniger neu und die Umwandlung nicht weniger tief. Gewiß findet er im Gott Jesu Christi die göttliche ,,Natur", die ewige, unveränderliche, allmächtige, allwissende, unendlich gute und liebenswürdige Wesenheit. Doch eignet diesen Attributen nicht mehr das ebenso gleichmäßige wie ferne Licht der metaphysischen Evidenz, sondern der leuchtende und geheimnisvolle Glanz jener Initiativen, durch die Gott seine Gnade kundgetan und uns sein Antlitz zugewendet hat (vgl. Nm 6,25). Seine Allwissenheit wird zum persönlichen Blick, der unsere tiefsten Geheinmisse durchschaut (Mt 6,4ff) und den Grund unseres Herzens durchforscht (Lk 16,15); seine Allmacht ist sein Vermögen, ,,aus diesen Steinen Kinder Abrahams zu erwecken" (Mt 3,9), ,,das Nicht-Seiende ins Dasein zu rufen" (Röm 4,17), gleichviel, ob es sich darum handelt, die Schöpfung erstehen zu lassen, Abraham einen Sohn zu er wecken oder den Herrn Jesus von den To ten auferstehen zu lassen (Röm 4,24); seine Ewigkeit ist die Treue, mit der er zu seinem Worte steht und sich für seine >> Verheißung verbürgt, ist das ,,Reich, das Gott seit Gründung der Welt für die Seinen bereitet hat" (Mt 25,34); seine Güte ist das unerhörte Wunder, daß ,,Gott uns zuerst geliebt hat" (1 Jo 4,10. 19), da wir noch seine Feinde waren (Röm 5,10). An die Stelle der natürlichen Gottes Erkenntnis die letztlich - so wirklich sie auch sein mag - nichts anderes ist als ein vertieftes Wissen dieser Welt, setzt die Offenbarung Jesu Christi die unmittelbare Gegenwart, die persönliche Umarmung des lebendigen Gottes. Heißt doch Gott erkennen nichts anderes als von ihm erkannt sein (Gal 4,9).

3. Der Jude, der Gottes harrte, kannte ihn bereits. In seiner Erwählung hatte Gott ihm seine Berufung zum Bewußtsein gebracht: Im Bunde hatte er die Sorge für sein Dasein übernommen; durch seine Propheten hatte er tatsächlich sein Wort an ihn gerichtet (Hebr 1,1). Gott stand vor ihm als lebendiges Wesen, das ihn zum Zwiegespräch aufforderte. Wie weit aber dieser Dialog gehen sollte, welchen Einsatz Gott zu leisten bereit war, welche Antwort der Mensch zu geben hatte, das vermochte das Alte Testament noch nicht zu sagen. Es verblieb eine Distanz zwischen dem Herrn und seinen treuesten Dienern. Gott ist ein "Gott des Erbarmens und der Huld" (Ex 34,6), er besitzt die Leidenschaft eines Bräutigams und die Zärtlichkeit eines Vaters; welches Geheimnis aber hielt er hinter diesen Bildern, die wohl unseren Träumen eine gewisse Nahrung zu vermitteln vermochten, aber die Wirklichkeit selbst noch verschleierten, noch zurück?

Dieses Geheimnis ist in Jesus Christus geoffenbart worden. Angesichts seiner vollzieht sich ein Gericht die Scheidung der Herzen. Jene, die sich weigern, an Jesus zu glauben, mögen wohl von seinem Vater sagen: ,,Er ist unser Gott"; sie kennen ihn nicht und sprechen nur eine Lüge aus (Jo 8,54f; vgl. 8,19). Jene, die glauben, sind durch keinerlei Geheimnis mehr gehalten oder, besser gesagt, sie sind in das Geheimnis selbst eingedrungen, in das undurchdringliche Geheimnis Gottes, sie sind in diesem Geheimnis zu Hause, sie werden vom Sohne in es eingeführt: ,,Alles, was ich von meinem Vater vernommen habe, habe ich euch kundgetan" (Jo 15,15). Es gibt keine Bilder, keine Gleichnisse mehr, Jesus spricht offen von seinem Vater (16,25). Es gibt keine Fragen mehr, die sie an ihn zu richten hätten (16,23), kein Bangen mehr (14,1), die Jünger ,,haben den Vater gesehen" (14,7).

4. Gott ist die Liebe. Dies ist das Geheimnis (1 Jo 4,8. 16), an das man nur durch Jesus Christus herankommt, und dies dadurch, daß wir in ihm ,,jene Liebe erkennen, die Gott zu uns hat" (4,16). Wohl hatte das Alte Testament erahnen können, daß die Liebe als das größte Gebot (Dt 6,5; Mt 22,37) und als der höchste Wert (Hl 8,6f) die genaueste Definition Gottes sein mußte (vgl. Ex 34,6). Doch handelte es sich dabei noch um eine von Menschen geschaffene Sprechweise und um Bilder, die auf die Wirklichkeit übertragen werden mußten. In Jesus Christus liefert uns Gott selbst den entscheidenden, von jeder Zweideutigkeit freien Beweis, daß jenes Ereignis, an dem das Schicksal der Welt hängt, ein Akt seiner Liebe ist. Dadurch, daß Gott ,,seinen viel geliebten Sohn" (Mk 1,11; 12,6) für uns in den Tod hingegeben hat, hat er uns bewiesen (Röm 5,8), daß seine Haltung uns gegenüber letztlich darin besteht, ,,die Welt zu lieben" (Jo 3,1r6), und daß er uns auf Grund dieses höchsten und unwiderruflichen Aktes mit derselben Liebe liebt, mit der er seinen eingeborenen Sohn liebt; um uns fähig zu machen, ihn mit der Liebe zu lieben, die sein Sohn zu ihm hegt, schenkt er uns jene Liebe, die den Vater und den Sohn eint und die ihr Heiliger Geist ist.

III. Die Herrlichkeit Gottes auf dem Antlitz Jesu Christi

Die christliche UEberzeugung, zum Geheimnis Gottes selbst Zugang zu besitzen, beruht auf keiner Deduktion. Gewiß kann die Vernunft dafür Gründe beibringen: ,,Wie sollte er, der seinen eingeborenen Sohn dahingegeben hat, uns nicht alles schenkens" (Röm 8,32), doch beruht ihre Stärke nicht auf unserer Logik, sondern auf jener absoluten Offenbarung, die für uns im Fleische lebenden Menschen die Gegenwart des im Fleische lebenden Wortes darstellt. In Christus ist in Wahrheit ,,die Liebe Gottes zu uns Menschen sichtbar geworden" (Tit 3,4). Jesus hat uns denjenigen, ,,den keiner jemals gesehen hat" (Jo 1,18), nicht bloß beschrieben und geschildert und uns nicht bloß eine richtige Vorstellung von ihm vermittelt. Als ,,Abglanz der Herrlichkeit Gottes und Abbild seines Wesens" (Hebr 1,3) hat er ihn uns schauen und sozusagen mit unseren Sinnen erfaßbar werden lassen: ,,Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen" (Jo 14,9). Dabei handelt es sich aber nicht nur um eine wenn auch vollkommene Reproduktion, um eine dem Original vollkommen gleichende Kopie. Als eingeborener Sohn, der im Vater ist und in dem der Vater ist (14,10), kann Jesus kein Wort sagen, kein Werk vollbringen, ohne sich an den Vater zu wenden, ohne von ihm den Impuls dazu zu erhalten und sein ganzes Tun auf ihn auszurichten (5,19f. 30). So wie er nichts tun kann,ohne auf denVater zu schauen, kann er auch nicht sagen, was er ist, ohne sich auf den Vater zu beziehen (Mt 11,27). An der Quelle alles dessen, was er tut, und alles dessen, was er ist, steht die Gegenwart und die Liebe seines Vaters. Hier liegt das Geheimnis seiner Persönlichkeit, jener Herrlichkeit die sein Antlitz ausstrahlt (2 Kor 4,6) und all sein Tun kennzeichnet.

IV. Der Gott unseres Herrn Jesus Christus

Der Gott Jesu Christi ist sein Vater. Wenn Jesus sich an ihn wendet, dann tut er dies mit der Vertrautheit und Unmittelbarkeit des Sohnes: ,,Abba". Aber er ist auch deshalb sein Gott, weil der Vater, der die Gottheit besitzt, ohne sie von einem anderen zu erhalten, sie in ihrer ganzen Fülle dem Sohn schenkt, den er von Ewigkeit her zeugt, wie dem Heiligen Geist, in dem beide geeint sind. Auf diese Weise offenbart uns Jesus die Identität des Vaters und Gottes, des göttlichen Geheimnisses und des trinitarischen Geheimnisses. Dreimal wiederholt der hl. Paulus die Formel, die diese Offenbarung zum Ausdruck bringt: ,,Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus" (Röm 15,6; 2 Kor 11,31; Eph 1,3). Christus offenbart uns die göttliche Dreifaltigkeit mittels des einzigen Weges der uns - wenn man so sagen darf - erschlossen werden konnte: mittels jenes Weges, für den uns Gott vorherbestimmt hat, indem er uns nach seinem Bilde schuf, nämlich mittels des Weges des Kindschaftsverhältnisses.

Weil aber der Sohn vor seinem Vater das vollkommene Vorbild der Kreatur vor Gott ist, offenbart er uns im Vater das vollkommene Bild jenes Gottes, der sich der echten Weisheit zu erkennen gibt und der sich Israel geoffenbart hat. Der Gott Jesu Christi besitzt jene Züge, die er im Alten Testament von sich selbst geoffenbart hat, in einer Fülle und in einer Ursprünglichkeit, die sich der Mensch nicht zu erträumen vermocht hätte. Er ist für Jesus wie für keinen von uns ,,der Erste und der Letzte", jener, von dem Christus ausgeht und zu dem er zurückkehrt, jener, der alles erklärt und von dem alles seinen Ausgang nimmt, jener, dessen Wille unter allen Umständen erfüllt werden muß und der stets genügt. Er ist der Heilige, der einzig Gute, der einzige Herr. Er ist der Alleinige, demgegen über nichts zählt, Jesus aber opfert, um seine Größe zu offenbaren, ,,damit die Welt erkenne, (daß er seinen) Vater liebe" (Jo 14,31), jeglichen Glanz der Schöpfung, tritt der Macht des Satans entgegen und nimmt die Schrecken des Kreuzes auf sich. Er ist der lebendige Gott, stets auf alle seine Geschöpfe bedacht, voll Liebe zu seinen Kindern. Seine Glut ist es, die Jesus verzehrt, bis er seinem Vater das Reich übergeben wird (Lk 12,50).

V. Gott ist Geist

Diese Begegnung des Vaters und des Sohnes vollzieht sich im Heiligen Geiste Im Heiligen Geist hört Jesus Christus den Vater zu sich sagen: ,,Du bist mein Sohn", und empfängt er seine Freude (Mk 1,10). Im Heiligen Geist läßt er seine Freude, der Sohn zu sein, zum Vater emporsteigen (Lk 10,21f). Wie Jesus Christus nur im Geiste mit dem Vater geeint sein kann, kann er auch den Vater nicht offenbaren, ohne gleichzeitig auch den Heiligen Geist zu offenbaren.

Wenn Jesus Christus offenbart, daß der Heilige Geist eine göttliche Person ist, offenbart er damit zugleich auch, daß ,,Gott Geist ist" (Jo 4,24) und was dies bedeutet. Wenn der Vater und der Sohn im Geiste geeint sind, so nicht, um sich des gegenseitigen Sichbesitzens zu erfreuen, sie tun dies im Schenken, in der Gabe Dies aber bedeutet, daß ihr Einssein eine Gabe ist und eine Gabe hervorbringt. Wenn aber der Geist, der Gabe ist, so die Einheit des Vaters und des Sohnes besiegelt dann bedeutet dies, daß sie in ihrem Sosein Gabe ihrer selbst sind, daß ihre gemeinsame Wesenheit darin besteht, sich zu schenken, ineinander zu existieren und das gegenseitige Fürsichsein zu begründen. Nun aber ist diese Macht des Lebens, des Sichmitteilens und der Freiheit eben der Geist Die Aussage: Gott ist Geist, besagt, daß er Allmacht und Allverfügbarkeit, vollstes Ja zu sich selbst und völliges Sichverschenken zugleich ist, es besagt, daß die Inbesitznahme seiner Kreatur bedeutet, sie in ihrer ganzen Ursprünglichkeit existieren zu lassen. Dies aber besagt etwas ganz anderes als die bloße Unstofflichkeit, es heißt aller Begrenztheit und jeglicher Bedingtheit entrückt sein, heißt stets neue, in alle Ewigkeit sich niemals erschöpfende Lebens- und Gemeinschaftsmächtigkeit sein. Brautschaft