GLAUBE

Für die Bibel ist der Glaube die Quelle jeglichen religiösen Lebens. Auf den Ratschluß, den Gott in der Zeit verwirklicht, muß der Mensch mit dem Glauben antworten. Die vorbildhaften Persönlichkeiten des Alten Testaments haben auf den Spuren Abrahams, des ,,Vaters aller derer, die zum Glauben gelangen" (Röm 4,11), in jenem Glauben, den Jesus ,,zu seiner Vollendung führt" (Hebr 12,2), gelebt und sind darin gestorben (Hebr 11). Die Jünger Christi sind ,,jene, die geglaubt haben" (Apg 2,44) und ,,die glauben" (1 Thess 1,7).

Die zahlreichen Ausdrücke, mit denen das Hebräische den Glauben wiedergibt, spiegeln die Vielschichtigkeit der geistigen Haltung des Glaubenden wider. Trotzdem sind zwei Wurzeln vorherrschend: aman (vgl. Amen läßt an die Festigkeit und Sicherheit denken; batah an die Gewißheit und das Vertrauen Das griechische Vokabular ist noch reichhaltiger. Die griechische Religion räumte nämlich dem Glauben praktisch überhaupt keinen Raum ein. Und da die LXX infolgedessen über keine geeigneten Wörter verfügte, um das Hebräische wiederzugeben, war sie auf Tastversuche angewiesen. Der Wurzel barab entsprechen vor allem: elpis, elpizo, pepoitha (Vulgata: spes, sperare, confido); der Wurzel ,aman: pistis, pisteuo, aletheia (Vulgata: fides, credere, veritas) . Im Neuen Testament werden die letztgenannten griechischen Ausdrücke, die sich auf den Erkenntnisbereich beziehen, eindeutig vorherrschend. Das Studium des Sprachschatzes läßt bereits sichtbar werden, daß der Glaube nach der Bibel zwei Pole besitzt: das Vertrauen, das sich einer ,,getreuen" Person zuwendet und den Einsatz des ganzen Menschen erfordert; andererseits ein Bemühen des Verstandes, den ein Wort oder ein Zeichen dazu befähigt, an Wirklichkeiten heranzukommen, die man nicht sieht (Hebr 11,11).

Abraham als Vater der Glaubenden. Jahve ließ seinen Ruf an Abraham ergehen, dessen Vater in Chaldäa ,,anderen Göttern diente" (Jos 24,2; vgl. Jdt 5,6ff), und verhieß ihm ein Land ( Erde und eine zahlreiche Nachkommenschaft (Gn 12,1f). Gegen alle Wahrscheinlichkeit (Röm 4,19) ,,glaubte" Abraham ,,an Gott" (Gn 15,6) und an sein Wort, entsprach dieser Berufung und setzte seine gesamte Existenz auf die Verheißung. Am Tage der Prüfung war sein Glaube stark genug, um jenen Sohn zu opfern, in dem sich die Verheißung bereits verwirklichte (Gn 22). Denn für ihn ist das Wort Gottes noch wahrer als dessen Früchte: Gott ist >> getreu (vgl. Hebr 11,11) und allmächtig (Röm 4,21).

Von da an ist Abraham der Typus des Glaubenden schlechthin (Sir 44,20). Er kündet jene an, die den wahren Gott (Ps 47,10; vgl. Gal 3,8) oder seinen Sohn erkennen werden (Jo 8,31-41. 56), jene, die sich um ihres Heiles willen Gott allein und seinem Worte anheimstellen (1 Makk 2, 52-64; Hebr 11,8-19). Eines Tages wird sich die Verheißung in der Auferstehung Jesu, des Nachkommen Abrahams, erfüllen (Gal 3,16; Röm 4,18-25). Dann wird Abraham zum ,,Vater einer Vielzahl von Völkern" werden (Röm 4,17f; Gn 17,5): aller jener, die der Glaube an Jesus verbinden wird.

AT

Das erste Objekt des Glaubens Israels bildet ein Ereignis: die Befreiung aus AEgypten; dieses Objekt kam in einer Reihe von Formeln zum Ausdruck. Anläßlich der großen Feste des Jahres bekannte sich der Israelite zu seinem Credo (Dt 26,5-10) und gab es auch seinen Kindern weiter (Ex 12,26; 13,8; Dt 6,20). Israel glaubt nur an seinen Gott; seine Geschichte ist die der Schwankungen und der Entfaltung seines Glaubens.

1. Der Glaube als Forderung des Bundes

Der Gott Abrahams sucht in AEgypten sein unglückliches Volk heim (Ex 3,16). Er beruft Moses, offenbart sich ihm und verheißt ihm, mit ,,ihm zu sein", um Israel in sein Land ( Erde zu führen (Ex 3,1-15). ,,Als hätte er den Unsichtbaren sichtbar vor Augen", antwortet Moses auf dieses Eingreifen Gottes mit einem Glauben, der ,,standhaft blieb" (Hebr 11,23-29), wenn er auch gelegentlich schwach wurde (Nm 20,1-12; Ps 106,32f). Als Mittler teilte er dem Volk den Ratschluß Gottes mit, während seine Wunder den Ursprung seiner Sendung erwiesen. Auf diese Weise ist Israel berufen, mit absolutem Vertrauen (Nm 14,11; Ex 19,9) ,,an Gott und an Moses, seinen Diener, zu glauben" (Ex 14,31; Hebr 11,29).

Der Bund besiegelt dieses Eingreifen Gottes in die Geschichte Israels. Umgekehrt verlangt er von Israel den Gehorsam gegen das Wort Gottes (Ex 19,3-9). Nun aber heißt ,,auf Jahve hören vor allem ,,an ihn glauben" (Dt 9,23; Ps 106,24f). Der Bund verlangt also den Glauben (vgl. Ps 78,37). Leben und Tod Israels werden fortan von seiner frei gewollten Treue (Dt 30,15-2o; Hebr 11,33) im Festhalten am Amen des Glaubens abhängen (vgl. Dt 27,9-26), der es zum Volke Gottes gemacht hat. Trotz der zahllosen Treulosigkeiten, die die Geschichte der Wüstenwanderung, der Eroberung des Landes der Verheißung und der Inbesitznahme Kanaans durchweben, konnte diese Heldenzeit in die Worte zusammengefaßt werden: ,,Durch den Glauben fielen die Mauern von Jericho ... Es fehlt mir die Zeit, um auf Gedeon, Barak, Samson, Jephte, David einzugehen" (Hebr 11,30ff).

Die allmächtige Treue Jahves hat sich den Verheißungen des Bundes entsprechend (Dt 7,17-24; 31,5-8) stets zugunsten Israels kundgetan, wenn Israel an sie geglaubt hat. Daher bedeutete das laute Verkünden dieser Wohltaten der Vergangenheit als Eingreifen des unsichtbaren Gottes für Israel: seinen Glauben bekennen (Dt 26,5-9; vgl. Ps 78;105) und der Liebe Jahves eingedenk bleiben ( Gedächtnis (Ps 136).

II. Die Propheten und der gefährdete Glaube Israels

Die Existenzschwierigkeiten Israels bis zu dessen Untergang bildeten für seinen Glauben eine schwere >> Versuchung Die Propheten prangerten den Götzen Dienst an (Os 2,7-15; Jr 2,5-13), der den Glauben Israels untergrub, den kultischen Formalismus (Am 5,21; Jr 7,22f), der dessen Forderungen auf ein dessen Tod bedeutendes Ausmaß herabdrückte, das Suchen des Heiles in Waffengewalt (Os 1,7; Is 31,1ff).

Isaias war der markanteste dieser Helden des Glaubens (Is 30,15). Er forderte Achaz auf, sich von der Furcht zu befreien und in Ruhe auf Jahve zu vertrauen (7,4-9; 8,5-8), der seine Verheißungen einlösen werde, die er dem Hause Davids gegeben (2 Sm 7; Ps 89,21-38). Er flößte dem Ezechias jenen Glauben ein, der es Jahve ermöglichte, Jerusalem zu retten (2 Kg 18-20). Dieser Glaube lehrte ihn die paradoxe Weisheit Gottes (Is 19,11-15; 29,13 - 30,6; vgl. 1 Kor 1,19f).

Eine besondere Bedrohung für den Glauben Israels bedeutete der Untergang Jerusalems und das Exil ,,Elend und arm" (Is 41,17), wie Israel war, geriet es in die Gefahr, sein Schicksal der Ohnmacht Jahves zuzuschreiben und sich den Göttern des siegreichen Babylon zuzuwenden. Da verkündeten die Propheten mit Macht die Allmacht des Gottes Israels (Jr 32,27; Ez 37,14), des Schöpfers der Welt (Is 40,28 f; vgl. Gn 1), des Herrn der Geschichte (Is 41,1-7; 44,24f), des Felsens seines Volkes (44,8; 50,10). Die Götzen sind nichts (44,9-20). ,,Es gibt keinen Gott außer Jahve" (44,6ff; 43,8-2; vgl.Ps 115,7-11). Trotz allen gegenteiligen Scheines verdient er stets uneingeschränktes Vertrauen (Is 40,31; 49,23).

III. Die Propheten und der Glaube des Israel der Zukunft

Doch mißachtete Israel in seiner Gesamtheit den Ruf der Propheten (Jr 29,19). Um auf ihn zu hören, hätte es den Propheten ebenso glauben müssen (Tob 14,4) wie einst dem Moses (Ex 14,31). Doch gab es auch falsche Propheten, die zu ihm sprachen (Jr 28,15; 29,31). Wie aber sollte man die wahren von den falschen Propheten unterscheiden (23,9-32; Dt 13,2-6; 18,9-22)? Die eigentliche Schwierigkeit lag jedoch im Glauben selbst, und dies in bezug auf seinen Inhalt, seinen Gegenstand, seine Forderungen.

1.Der persönliche Glaube der Propheten.

Der echte Glaube wurde zunächst bei den Propheten selbst weitergegeben. Der Mißerfolg ihrer Predigt zwang sie, ihren Glauben an die von Gott erhaltene Berufung und Sendung zu erneuern (vgl. Hebr 11,33-40). Dieser Glaube blieb zuweilen von allem Anfang an unerschüttert (Is 6; 8,17; 12, 2; 30,18). Manchmal zögerte er, zu einem fordernden Anruf sein Ja zu sprechen (Jr 1), oder wurde durch eine scheinbare Ferne Gottes geprüft (1 Kg 19; Jr 15,10-21; 20,7-18), bevor er eine ruhige Festigkeit erlangte (Jr 26; 37-38). Dieser Glaube strahlte auf eine mehr oder weniger zahlreiche Gruppe von Jüngern aus (Is 8,16; Jr 45), die eine erste Verwirklichung des verheißenen Restes darstellten.

2. Der Glaube des Volkes der Zukunft. Der Mißerfolg jenes Anrufs, der Gesamtisrael auf den Weg des Glaubens hätte führen sollen, wurde den Propheten zum Anlaß, die Verheißungen des getreuen Gottes zu vertiefen und den vollkommenen Glauben in der Zukunft zu erwarten. Das Israel der Zukunft wird durch den Glauben an den geheimnisvollen Stein von Sion geeint werden (Is 28,16; vgl. 1 Petr 2,6.f); der Rest Israels wird ein Volk von Armen sein, die ihr Vertrauen auf Gott zusammenführt (Mich 5,6f; Soph 3,12-18). Denn nur ,,der Gerechte bleibt leben durch seine Treue (LXX: seinen Glauben)" (Hab 2,4). Das Heil ist derer, die die Prüfung bestehen (Mal 3,13-16). In diesen Zukunftsvisionen wird der Glaube Erkenntnis genannt (Jr 31,33f) und setzt voraus, daß Gott die Herzen bereits endgültig erneuert hat (32,39f; Ez 36,26), sie zu vollkommenem Gehorsam anleitend (36,27). Er setzt aber auch das Opfer des Knechtes Jahves voraus; in einer Prüfung, die bis zum Tode geht (Is 50,6; 53), machte der Glaube sein Antlitz in einem absoluten Vertrauen auf Gott ,,wie Kiesel" (50,7ff; vgl. Lk 9,51), doch wird die Zukunft sein Vertrauen voll und ganz rechtfertigen (Is 53,10ff; vgl. Ps 22).

Nun aber umfaßt das Volk der Zukunft nicht nur das Israel der Geschichte, sondern erstreckt sich auch auf die Heiden Denn die Sendung des Knechtes gilt auch ihnen (Is 42,4; 49,6). Das Israel der Zukunft als Volk des Glaubens erschließt sich allen jenen, die den einzigen Gott anerkennen (43,10), die sich zu ihm bekennen (45,14; 52,15f; vgl. Röm 10,16) und auf seine Macht vertrauen, um gerettet zu werden (Is 51,5f).

IV. Auf dem Weg zur Gemeinschaft der Gläubigen

In den Jahrhunderten nach dem Exil war die jüdische Gemeinde bestrebt, die Gestalt des von den Propheten angekündigten Israel der Zukunft anzunehmen, ohne daß es ihr aber gelang, als wirkliche ,,Gemeinschaft der Gläubigen" zu leben (1 Makk 3,13).

1. Der Glaube der Weisen, der Armen und der Martyrer. Gleich den Propheten wußten auch die Weisen Israels schon lange, daß sie nur auf Jahve rechnen durften, um ,,gerettet"zu werden (Spr 20,22). Wenn jegliches Heil dem Bereiche des Sichtbaren entschwindet, verlangt die Weisheit ein uneingeschränktes Vertrauen auf Gott (Jb 19,25f) aus einem Glauben heraus, der ,,weiß", daß Gott allmächtig bleibt (Jb 42,2). Hier kommen die Weisen jenen Armen ganz nahe, die ihr Vertrauen in den Gesängen der Psalmen zum Ausdruck brachten.

Das gesamte Psalterium verkündet den Glauben Israels an Jahve, den einzigen Gott (Ps 18,32; 115), den allmächtigen Schöpfer (8; 29; 104) den Herrn voller Treue (89) und voller Erbarmen (136) gegen sein Volk (105), den alleinigen König der Zukunft (47; 96-99). Eine ganze Reihe von Psalmen bringt das Vertrauen Israels auf Jahve zum Ausdruck (44; 74; 125). Die erhabensten Zeugnisse des Glaubens aber sind Gebete in denen sich der Glaube Israels zu einem individuellen Vertrauen seltener Qualität entfaltet. Als Glaube des verfolgten Gerechten an Gott, der ihn früher oder später erretten wird (7;11; 27; 31; 62); als Vertrauen des Sünders auf die Barmherzigkeit Gottes (40,13-18; 51; 130); als feste Zuversicht auf Gott (4; 23; 121; 131), die stärker ist als der Tod (16; 49; 73). Das ist das Gebet der Armen, die durch die Gewißheit geeint sind, daß Gott ihnen jenseits von aller Prüfung (22) die Frohe Botschaft (Is 61,1; vgl. Lk 4,18) und den Besitz des Landes schenken wird (Ps 37,11; vgl. Mt 5,4).

Wohl zum ersten Male in seiner Geschichte (vgl. Dn 3) war Israel nach dem Exil einer blutigen religiösen Verfolgung ausgesetzt (1 Makk 1,62ff; 2,29-38; vgl. Hebr 11,37f). Die Martyrer starben nicht nur trotz ihres Glaubens, sondern wegen dieses Glaubens. Trotz dieser äußersten Ferne Gottes aber wankt der Glaube der Martyrer nicht (1 Makk 1,62). Er vertieft sich vielmehr, sich in der Treue Gottes verankernd, bis zur Hoffnung auf die Auferstehung (2 Makk 7; Dn 12,2f) und auf die Unsterblichkeit (Weish 2,19f; 3,1-9). Auf diese Weise tritt der persönliche Glaube immer stärker hervor und eint allmählich jenen Rest der der Verheißungen teilhaftig werden wird (Röm 11,5).

2. Der Glaube der bekehrten Heiden. Um dieselbe Zeit erwachte in Israel eine misssonarische Bewegung. So wie einst Naaman (2 Kg 5) glaubten zahlreiche Heiden an den Gott Abrahams (vgl. Ps 47,10). Damals schrieb man die Geschichte von den Niniviten, die die Predigt eines einzigen Propheten - zur Schande Israels - dazu bringt, ,,an Gott zu glauben" (Jon 3,4f; vgl. Mt 12,41). Sowie die Geschichte von der Bekehrung Nabuchodonosors (Dn 3-4) und Achiors, der ,,glaubte und dem Hause Israels beigezählt wurde" (Jdt 14,10; vgl. 5,5-21): Gott gibt den Völkern ( Heiden Zeit, ,,an ihn zu glauben" (Weish 12,2; vgl. Sir 36,4).

3. Die Unvollkommenheiten des Glaubens Israels. Die Verfolgung brachte Martyrer hervor, aber auch Kämpfer, die es ablehnten, zu sterben, ohne zu kämpfen (1 Makk 2,39ff), um Israel zu befreien (2, 11). Sie rechneten darauf, daß Gott ihnen beistehen werde, um in einem ungleichen Kampfe den Sieg zu erringen (2,49-70; vgl. Jdt 9,11-14). An sich ein wundervoller Glaube (vgl. Hebr 11,34. 39), der aber mit einem gewissen Vertrauen auf die menschliche Kraft vermengt war.

Aber noch eine weitere Unvollkommenheit bedrohte den Glauben Israels. Martyrer und Kämpfer waren in Treue zu Gott und zum Gesetze gestorben (1 Makk 1,52-64). Denn Israel hatte endlich begriffen, daß der Glaube den Gehorsam gegen die Forderungen des Bundes in sich schloß. Aber gerade in dieser Hinsicht war er von einer Gefahr bedroht, der viele Pharisäer erlagen: durch die Gefahr des Formalismus, der den rituellen Forderungen mehr Bedeutung beimaß als den religiösen und sittlichen Aufrufen der Heiligen Schrift (Mt 23,13-30), und jenes Hochmuts der mehr auf den Menschen und auf seine Werke rechnete als auf Gott allein, um die Rechtfertigung zu erlangen (Lk 18,9-14).

Das Vertrauen Israels auf Gott war also nicht rein, schon deshalb nicht, weil zwischen seinem Glauben und dem von der Heiligen Schrift angekündigten Ratschluß Gottes noch ein Schleier hing (2 Kor 3,14). Der wahre Glaube war übrigens erst dem Israel der Zukunft verheißen worden. Andererseits vermochten die Heiden einen Glauben nur schwer zu teilen, der zunächst in eine nationale Hoffnung oder in schwer zu erfüllende rituelle Forderungen ausmündete. Was hätten sie auch gewonnen, wenn sie ihn geteilt hätten (Mt 23,23)? Der Anschluß an den Glauben der Armen aber hätte die Heiden nur an einem Heil teilnehmen lassen, das vorderhand nur eine Hoffnung bedeutete. Israel und die Heidenvölker mit ihm konnten also nur dessen harren, der den Glauben zu seiner Vollendung führen (Hebr 12,2; vgl. 11,39f) und den Geist als ,,Gegenstand der Verheißung" empfangen würde (Apg 2,33).

NT

I. Der Glaube in Lehre und Leben Jesu

1. Die Vorbereitungen. Dem Glauben der Armen (vgl. Lk 1,46-55) wurde die erste Ankündigung des Heiles zuteil. Bei Zacharias noch Unvollkommen (1,18ff; vgl. Gn 15,8), bei Maria in vollendeter Weise vorhanden (Lk 1,35ff. 45; vgl. Gn 18,4) und allmählich auch von anderen geteilt (Lk 1-2 par.), erkannte er trotz des unscheinbaren AEußeren die göttliche Initiative. Jene, die an Johannes den Täufer glaubten, waren ebenfalls Arme, die sich ihrer Sünde bewußt waren, keine hochmütigen Pharisäer (Mt 21,23-32). Dieser Glaube scharte sie ohne ihr Wissen um Jesus, der bereits mitten unter ihnen war (3,11-17 par.), und bereitete sie für den Glauben an ihn (Apg 19,4; vgl. Jo 1,7).

2. Der Glaube an Jesus und an sein Wort.

Alle vermochten das Wort Jesu zu hören und seine Wunder zu sehen (Mt 13,13 par.), die das Kommen des Reiches kündeten (11,3-6 par.; 13,16-17 par.). Aber auf das Wort hören (11,15 par.; 13,19 bis 23 par.) und es tun (7,24-27 par.; vgl. Dt 5,27), wirklich sehend werden, mit einem Wort: glauben (Mk 1,15; Lk 8,12; vgl. Dt 9,23), das war Sache der Jünger (Lk 8,20 par.). Andererseits warfen Wort und Wunder die Frage auf: ,,Wer ist denn dieser?" (Mt 8,27; Mk 6,1-6; 14ff par.) Diese Frage bedeutete für Johannes den Täufer eine Prüfung (Mt 11,2f) und für die Pharisäer ein AErgernis (12,22-28 par.; 21,23 par.). Dem für die Wunder geforderten Glauben (Lk 7,50; 8,48) entsprachen sie nur zum Teil, sofern er eine Anerkennung der Allmacht Jesu war (Mt 8,2; Mk 9,22f). Petrus gab die richtige Antwort: ,,Du bist Christus" (Mt 16,13 bis 16 par.). Dieser Glaube an Jesus vereinigt fortan die Jünger mir ihm und untereinander, da er ihnen das Geheimnis seiner Person erschließt (16,18-20 par.).

Auf diese Weise hat sich um Jesus, der ein Armer gewesen ist (11,20) und sich an die Armen gewendet hat (5,2-10 par.; 11,5 par.), eine Gemeinde von Armen, von ,,Kleinen", gebildet (10,42), deren kostbarstes Band der Glaube an ihn und an sein Wort gewesen ist (18,6-10 par.). Dieser Glaube kam von Gott (11,25 par.; 16,17) und wird eines Tages von den Völkern ( Heidenvölker geteilt werden (8,5-13 par.; 12,38-42 par.). Die Prophetien haben ihre Erfüllung gefunden.

3. Die Vollendung des Glaubens. Als Jesus, der Knecht die Straße nach Jerusalem einschlug, um gehorsam zu werden bis zum Tode (Phil 2,7f), ,,machte er sein Antlitz wie Kiesel" (Lk 9,51; vgl. Is 50,7). Angesichts des Todes führte er den Glauben der Armen (Lk 23,46 = Ps 31,6; Mt 27,46 par. = Ps 22) zur " Vollendung (Hebr 12,2), ,,indem er ein absolutes Vertrauen auf denjenigen bewies, der ihn durch die Auferstehung ,,vor dem Tode bewahren konnte" (Hebr 5,7).

Trotz ihrer Kenntnis der Geheimnisse des Reiches Gottes (Mt 13,11 par.) fiel es den Jüngern schwer, den Weg zu gehen, auf dem sie dem Menschensohn im Glauben nachfolgen sollten (16,21-23 par.). Jenes Vertrauen, das jede Sorge und jede Furcht ausschließt (Lk 12,22-32 par.), war ihnen noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen (Mk 4,35-41; Mt 16,5-12 par.). Deshalb wird die Prüfung der Passion (Mt 26,41) für sie zu einem AErgernis werden (26,33). Denn was sie damals sahen, verlangte einen großen Glauben (vgl. Mk 15,31f). Selbst der Glaube Petri hatte, ohne ganz zu schwinden - denn Jesus hatte für ihn gebetet (Lk 22,32) -, nicht den Mut, sich offen zu zeigen (22,54 bis 62 par.). Der Glaube der Jünger hatte noch einen entscheidenden Schritt zu tun, um zum Glauben der Kirche zu werden.

II. Der Glaube der Kirche

1. Der Osterglaube. Dieser Schritt wurde getan, als die Jünger nach langem Zögern (Mt 28,17; Mk 16,11-14; Lk 24,11) an die Auferstehung Jesu glaubten. Als Zeugen alles dessen, was Jesus gesagt und getan hatte (Apg 10,39), verkündeten sie ihn als ,,Herrn und Christus", in dem die Verheißungen in unsichtbarer Weise erfüllt worden sind (2,33-36). Nun ist ihr Glaube imstande, es ,,bis zum Blut" kommen zu lassen (vgl. Hebr 12,4). Sie fordern ihre Zuhörer auf, sich zu diesem Glauben zu bekennen, um der Verheißung teilhaftig zu werden, indem sie die Vergebung ihrer Sünden erlangen (Apg 2,38f; 10,43). Der Glaube der Kirche war geboren.

2. Der Glaube an das Wort. Glauben bedeutet vor allem die Annahme dieser Predigt der Zeugen, des Evangeliums (Apg 15,7; 1 Kor 15,2), des Wortes (Apg 2,41; Röm 10,17; 1 Petr 2,8), das Bekenntnis zu Jesus als dem Herrn (1 Kor 12,3; Röm 10,9; vgl. 1 Jo 2,22).

Diese Urbotschaft, die als UEberlieferung weitergegeben wurde (1 Kor 15,1-3), konnte sich bereichern und zu einer Lehre ausgestalten (1 Tim 4,6; 2 Tim 4,1-5). Dieses menschliche Wort wird für den Glauben stets das Wort Gottes selber sein (1 Thess 2,13). Die Annahme dieses Wortes bedeutete für den Heiden ein Sichabwenden von den Götzen und ein Sichhinwenden zum lebendigen und wahren Gott (1 Thess 1,8ff), bedeutete für alle anerkennen, daß der Herr Jesus den Ratschluß Gottes erfüllt hat (Apg 5,14; 13,27 bis 37; vgl. 1 Jo 2,24). Sie bedeutete: durch den Empfang der Taufe den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist bekennen (Mt 25,19).

Dieser Glaube erschließt für den Verstand, wie der hl. Paulus sagen wird, ,,jene Schätze der Weisheit und der Wissenschaft ( Erkenntnis ", die in Christus sind (Kol 2,3): die durch den Heiligen Geist geoffenbarte Weisheit Gottes selbst (1 Kor 2), die sich von der menschlichen Weisheit so sehr unterscheidet (1 Kor 1,17-31; vgl. Jak 2,1-5; 3,13-18; vgl. Is 29,14), die Erkenntnis Christi und seiner Liebe (Phil 3,8; Eph 3,19; vgl. 1 Jo 3,16).

3. Der Glaube und das Leben des Getauften.

Nach der Aufnahme in die Kirche durch die Taufe hat derjenige, der dem Worte geglaubt hat, Anteil an der Lehre, am Geiste, an der ,,Liturgie" der Kirche (Apg 2,41-46). Denn in ihr verwirklicht Gott seinen Ratschluß indem er das Heil derer wirkt, die glauben (2,47; 1 Kor 1,18): der Glaube entfaltet sich im Gehorsam gegenüber diesem Ratschluß (Apg 6,7; 2 Thess 1,8). Er erweist sich in der Führung eines sittlichen Lebens (1 Thess 1,3; Jak 1,21f), das dem Gesetz Christi getreu ist (Gal 6,2; Röm 8,2; Jak 1,25; 2,12). Er wirkt sich in der brüderlichen Liebe aus (Gal 5,6; Jak 2,14-26). Er bewährt sich durch eine Treue die imstande ist, nach dem Beispiele Jesu dem Tode zu trotzen (Hebr 12; Apg 7,55-60), durch das absolute Vertrauen zu demjenigen, ,,an den er geglaubt hat" (2 Tim 1,12; 4,17f) Glaube an das Wort, Gehorsam aus Vertrauen, das ist der Glaube der Kirche, der jene, die verlorengehen, von jenen scheidet, die gerettet werden (2 Thess 1,3-10; 1 Petr 2,7f; Mk 16,16).

III. Der hl. Paulus und das Heil durch den Glauben

Für die werdende Kirche wie für Jesus war der Glaube eine Gabe Gottes (Apg 11,21ff; 16,14 vgl. 1 Kor 12,3). Wenn sich Heiden bekehrten, war es also Gott selbst, der ,,ihr Herz durch den Glauben reinigte" (Apg 11,18; 14,27; 15,7ff). ,,Weil sie geglaubt hatten", empfingen sie denselben Heiligen Geist wie die gläubig gewordenen Juden (11,17). Daher wurden sie auch in die Kirche aufgenommen.

1. Der Glaube und das jüdische Gesetz.

Hier tauchte indes sofort ein Problem auf: mußte man sie der Beschneidung und dem jüdischen Gesetz unterwerfen (Apg 15,5 Gal 2,4)? In UEbereinstimmung mit den maßgebenden Männern (Apg 15; Gal 2, 2,3-6) hielt es der hl. Paulus für absurd, die Heiden zu zwingen, Juden zu werden, war es doch der Glaube an Jesus Christus, der die Juden selbst gerettet hat (Gal 2,15f). Als man seinen galatischen Christen die Beschneidung auferlegen wollte (Gal 5,2; 6,12), erkannte der hl. Paulus sofort, daß dies ein anderes Evangelium verkünden hieß (1,6-9). Diese neue Krise veranlaßte ihn, eine tiefe Reflexion über die Aufgabe des Gesetzes und des Glaubens in der Heilsgeschichte anzustellen.

Seit Adam (Röm 5,12-21) sind alle Menschen, Heiden wie Juden, vor Gott schuldig (1,18 - 3,20). Und obwohl für das Leben bestimmt, hat das Gesetz selber nur Sünde und Tod bewirkt (7,7-10; Gal 3,10-14. 19-22). Das Kommen (Gal 4,4f) und der Tod Christi haben dieser Situation ein Ende gesetzt, indem sie die Gerechtigkeit Gottes erwiesen (Röm 3,21-26; Gal 2,19ff), die durch den Glauben erlangt wird (Gal 2,16; Röm 3,22; 5,2). Die Aufgabe des Gesetzes ist also zu Ende (Gal 3,23 - 4,11). Damit beginnt wieder die Herrschaft der Verheißung, die nun mehr in Jesus ihre Erfüllung gefunden hat (Gal 3,15-18): gleich Abraham werden die Christen durch den Glauben, ohne das Gesetz, gerechtfertigt (Röm 4; Gal 3,6-9; vgl. Gn 15,6; 17,11). UEbrigens sollte der Gerechte nach den Propheten durch den Glauben das Leben haben (Hab 2,4 = Gal 3,11; Röm 1,17) und der Rest Israels (Röm 1,1-6) durch seinen Glauben an den von Gott gelegten Eck- Stein allein gerettet werden (Is 28,16 = Röm 9,33; 10,11), was für ihn die Voraussetzung dafür schuf, sich den Heidenvölkern zu erschließen (Röm 10,14-21; 1 Petr 2,4 bis 10).

2. Der Glaube und die Gnade. ,,Der Mensch wird durch den Glauben gerechtfertigt ohne die Werke des Gesetzes" (Röm 3,28; Gal 2,16). Diese Aussage des hl. Paulus verwirft das jüdische Gesetz. Noch tiefer gesehen aber bedeutet sie, daß das Heil niemals etwas Geschuldetes, sondern eine Gnade Gottes ist, die man durch den Glauben erlangt (Röm 4,4-8).

Der hl. Paulus weiß sehr wohl, daß sich der Glaube im Tun auswirken muß (Gal 5,6; vgl. Jak 2,14-26), der Eingebung des Heiligen Geistes gehorchend, den man in der Taufe empfangen hat (Gal 5,13-26; Röm 6; 8,1-13). Doch unterstreicht er kräftig, daß der Gläubige sich weder ,,seiner Gerechtigkeit" ,,rühmen" ( Stolz noch auf seine Werke stützen darf, wie dies Saulus als Pharisäer getan (Phil 3,4. 9; 2 Kor 11,16 - 12,4). Selbst wenn ihm ,,sein Gewissen (vor Gott) nichts vorwirft" (1 Kor 4,4), zählt er auf Gott allein, ,,der in ihm das Wollen und das Vollbringen wirkt" (Phil 2,13). Er wirkt also sein Heil ,,mit Furcht und Zittern" (Phil 2,12), aber auch mit einer frohen Hoffnung (Röm 5,1-11; 8,14-39); sein Glaube versichert ihn der ,,Liebe Gottes, die in Jesus Christus kundgeworden ist" (Röm 8,38f; Eph 3,19). Dank dem hl. Paulus ist der von der Urgemeinde erlebte Osterglaube seiner selbst in aller Klarheit bewußt geworden. Er hat sich von den Unvollkommenheiten und und den Schranken befreit, die dem Glauben Israels anhafteten. Er ist voll und ganz der Glaube der Kirche.

IV. Der Glaube an das fleischgewordene Wort

Am Ende des Neuen Testaments sinnt der Glaube der Kirche mit dem hl. Johannes, über seine Ursprünge nach. Wie um für die Zukunft besser gewappnet zu sein, vertiefte er sich in den, der ihm seine Vollendung gegeben hat. Der Glaube, von dem der hl. Johannes spricht, ist derselbe wie der der Synoptiker. Er schart die Gemeinde der Jünger um Jesus (Jo 10,26f; vgl. 17,8). Nachdem ihm Johannes der Täufer die Richtung gewiesen (1,34f; 5,33f), entdeckt er zu Kana die Herrlichkeit Jesu (2,11). Er ,,nimmt sein Wort auf" (12,46f) und hört auf seine Stimme (10,26f; vgl. Dt 4,30). Er spricht sich in Kapharnaum durch den Mund des hl. Petrus offen aus (6,70f). Die Passion bildet für ihn eine Prüfung (14,1. 28f; vgl. 3,14f), die Auferstehung aber sein entscheidendes Objekt (20,8. 25-29).

Doch ist das vierte Evangelium in viel größerem Ausmaß als die synoptischen das Evangelium des Glaubens. Fürs erste ist hier der Glaube ausdrücklich auf Jesus und auf seine göttliche Herrlichkeit konzentriert. Man muß an Jesus (4,39; 6,35) und an seinen Namen glauben (1,12; 2,23). An Gott und an Jesus glauben ist ein und dasselbe (12,44; 14,1; vgl. 8,24 = Ex 3,14). Denn Jesus und der Vater sind eins (10,30; 17,21). Diese Einheit ist selber Gegenstand des Glaubens (14,10f). Der Glaube sollte zur unsichtbaren Herrlichkeit Jesu sein Ja sprechen, ohne die Zeichen ( Wunder sehen zu müssen, die sie kundtun (2,11f; 4,48; 20,29). Aber selbst wenn er es nötig hat, zu sehen (2,23; 11,45) und zu betasten (29,27), ist er nicht weniger berufen, sich in der Erkenntnis (6,69; 8,28) und in der Betrachtung (1,14; 11,40) des Unsichtbaren zu entfalten.

Ferner betont der hl. Johannes den Wirklichkeitscharakter der unsichtbaren Wirkungen des Glaubens. Für den, der glaubt, wird es kein Gericht mehr geben (5,24). Er ist bereits auferweckt (11,25f; vgl. 6,40), er wandelt im Licht (12,46) und besitzt das ewige Leben (3,16; 6,47). Derjenige aber, ,,der nicht glaubt, ist schon gerichtet" (3,18). Auf diese Weise nimmt der Glaube die tragische Größe einer unausweichlichen Wahl zwischen dem Tod und dem Leben, dem Licht und der Finsternis an; einer Wahl, die um so schwieriger ist, als sie von den sittlichen Qualitäten dessen abhängt, der sie zu treffen hat (3,19-21).

Dieser Nachdruck, den Johannes auf den Glauben, auf sein ihm eigenes Objekt, auf seine Bedeutung legt, erklärt sich aus dem Zweck seines Evangeliums selbst: seine Leser dahin zu bringen, seinen Glauben zu teilen, indem sie glauben, ,,daß Jesus der Christus, der Sohn Gottes ist" (20,30), durch den Glauben an das fleischgewordene Wort Kinder Gottes zu werden (1,9-14). Die Glaubensentscheidung ist auf Grund des noch vorhandenen Zeugnisses des Johannes nach wie vor möglich (1 Jo 1,2f). Dieser Glaube ist der überlieferte Glaube der Kirche. Er bekennt Jesus als Sohn Gottes, getreu der überkommenen Lehre (1 Jo 2,23-27; 5,1), und muß sich in einem Leben ohne Sünde entfalten (3,9f), dessen Seele die brüderliche Liebe ist (4,10ff; 5,1-5). Gleich Paulus (Röm 8,31-39; Eph 3,19) hält Johannes dafür, daß er zur Erkenntnis der Liebe Gottes zu den Menschen führt (1 Jo 4,16).

Angesichts der kommenden Kämpfe ermahnt die Apokalypse die Gläubigen zur ,, Geduld und zur Treue der Heiligen" (Apk 13,10) bis in den Tod. Die Quelle dieser Treue aber bildet nach wie vor der österliche Glaube an den, der sagen kann: ,,Ich war tot; aber siehe, ich lebe in alle Ewigkeit" (1,18), an das Wort Gottes, das seine Herrschaft sieghaft aufrichtet (10,11-16; vgl. Apg 4,24-30).

An jenem Tage aber, da der Glaube ein Ende finden und wir ,,Gott schauen werden, wie er ist" (1 Jo 3,2), wird der Osterglaube abermals verkündet werden:

,,Das ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube" (5,4). Abraham